Hier nun also der große Vergleich. Heckmotor vs Mittelmotor, Bosch gegen Klever, Platzhirsch gegen Nischenhersteller….
Für Leser die bisher nicht meine komplette Lebensgeschichte verfolgt haben: Bevor ich mir nun das Diamant Zouma zugelegt habe, hatte ich für ca 6 Monate ein Klever X-Speed. Hier möchte ich einen Vergleich der beiden ähnlichen und doch so verschiedenen S-Pedelecs anstellen.
Als Basis dient hier das neue X-Speed pure weil es am ehesten mit dem Diamant vergleichbar ist. Mein persönliches X-Speed entsprach aber genau der Ausstattung (Starrgabel, Scheinwerfer…)
In der Tabelle habe ich die wichtigsten Fakten gegenübergestellt:
Diamant Zouma +S | Klever X-Speed Pure | |
Kaufpreis | 3.999 € | 4.999 € |
Rahmen | Aluminium | Aluminium |
Gabel | Carbon | Aluminium |
Laufräder | 27,5″/ Bontrager Naben | 27,5″ / Noname / Motor als Nabe |
Reifen | Schwalbe Super Moto-X 27.5″ x 2.40 |
Schwalbe Super Moto-X 27.5″ x 2.40 |
Antriebsart | Mittelmotor | Nabenmotor hinten |
Antrieb | Bosch performance Speed | Klever Biactron V2 |
Nennleistung | 350 W | 600 W |
Akku | 500 Wh | 570 Wh |
Display | Bosch Purion | Klever |
Kurbeln | Ride+ Aluminium | Aluminium |
Schaltwerk | Shimano Deore 10 Speed | Shimano XT 11 Speed |
Schalthebel | Shimano Deore | Shimano XT |
Bremsen | Magura MT5e, 180mm Bremsscheiben V/H |
Magura MT4e, 180mm Bremsscheiben V/H |
Scheinwerfer | B+M IQ-X + Hupe | B+M IQ-X + Hupe |
Rücklicht | Supernova M99 Tail Light mit Bremslicht | Supernova M99 Tail Light mit Bremslicht |
Gepäckträger | 15 kg Tragkraft | 25 kg Tragkraft, Racktime |
Schutzbleche | Aluminium | Aluminium |
Ständer | Pletscher | Noname |
Gewicht (Katalog) | 23,8 kg | 27,5 kg |
Zulässiges Gesamtgewicht | 136 kg | 147,5 kg |
Mitgeliefertes Zubehör | 2 Akkuschlüssel (ABUS) | 2 Akkuschlüssel (ABUS) |
Ladegerät 4A ohne Lüfter | Ladegerät 5A mit Lüfter | |
Bedienungsanleitung | Betriebserlaubnis (CoC) | |
Betriebserlaubnis (CoC) |
Was deutlich schwieriger zu bewerten ist, ist das generelle Fahrverhalten. Wenn man ins Pedelecforum guckt, dann artet das oft zu religiösen Kreuzzügen Mittel- gegen Heckmotor aus. Und das oft ohne, dass die Verfechter das jeweils andere Antriebskonzept überhaupt ausprobiert haben. Ich habe jetzt die Möglichkeit beide Prinzipien und die Räder im speziellen miteinander zu vergleichen. Aber auch ich bin hier nicht ganz neutral. Wenn man sich alleine die Listenpreise anguckt, fällt es schon schwer hier gute Argumente pro Klever zu finden die das rechtfertigen. Zumal mein Diamant jetzt über 2000€ (2850 € bei Fahrrad XXL!!!) günstiger war als das X-Speed pure. Zudem hat mich die ganze Klever Geschichte ziemlich genervt. Das fing bei der ewigen Wartezeit (ohne, dass ich darüber informiert wurde) an und endete bei diversen nervigen Kleinigkeiten des Rades an sich sowie dem Händler der 70 km entfernt war.
Was ich an beiden Rädern direkt getauscht habe war der Sattel. Das ist ja immer sehr individuell. Auf jeden Fall habe ich die Foltergeräte gegen einen Terry Figura ausgetauscht. Der ist jetzt schon zum dritten Rad mitgewandert und ich finde den super. Am Rennrad habe ich mittlerweile auch einen Terry.
Trotzdem versuche ich hier möglichst objektiv zu sein.
Fangen wir mal damit an, was mir am Klever gefallen hat:

Klever X-Speed
Motorleistung und Unterstützung
Eindeutig die buchstäblich stärkste Disziplin des Klever. Der Lautlose Direktläufer Nabenmotor zieht super kräftig durch. So war es auf der höchsten Unterstützungsstufe sogar möglich bis auf 50 km/h (laut Display) zu pedalieren. Die berühmte „Bosch Wand“ gegen die man irgendwann ankurbelt ist hier absolut nicht zu bemerken. Die Unterstützung läuft schön sanft aus.

Motor und Bremse
Schaltung und Bremse
Das Klever ist mit einer Shimano XT 11 Gang Kassette, Schaltwerk und Schalthebel ausgestattet. Dies ist natürlich über jeden Zweifel erhaben. Zudem sind die Schaltvorgänge so sauber wie am normalen Rad, weil ja hier keine Antriebskraft des Motors über die Kette übertragen wird. Das Klever hat außerdem einen massiven Kettenschutz aus Metall.
Die Magura MT4 Bremsen haben mich immer super zum Stehen gebracht. Ich hatte keine Probleme mit rubbeln oder quietschen.

XT Schaltwerk und Kassette, Motor und Kettenschutz
Gepäckträger
Zugegeben, der kleine halbhoch liegende Träger des Diamant sieht deutlich schicker aus. Für ein Pendlerrad ist aber der mit 25 kg belastbare Racktime Träger mit hoher Plattform und Anbindung an den Hauptrahmen eher geeignet.

Gepäckträger
Kontaktschutz des Akkus
Das Klever hatte einen kleinen integrierten Gummilappen, den man bei Bedarf einfach hochklappt um die Kontakte am Rad zu schützen, wenn der Akku nicht drin ist. Bei Bosch muss da ein loser Stopfen mitgenommen werden
Sonstiges
Nach dem Update ist der Scheinwerfer nun auch endlich einem S-Pedelec gerecht. Die originale Funzel war nicht so geeignet. Am aktuellen X-Speed ist der B+M IQ-X nun serienmäßig. Das Supernova Rücklicht war schon immer gut.
Nun zu den Dingen die mir am Klever gar nicht gefallen haben:
Display und Menüführung
Das ältere abnehmbare Display war inklusive der Menüführung einfach nur eine Fehlkonstruktion. Das fing bei der Haptik an. Irgendwie fühlte sich das alles billig an. Bei der geringsten Luftfeuchtigkeit ist es von innen beschlagen. Und ich bin nicht einmal im Regen gefahren. Die Menüführung war auch irgendwie unlogisch. So musste man erst in ein Untermenü um den Tages km Stand zurückzustellen. Auch die Beleuchtung lies sich nicht einstellen. Neu ist jetzt ein festes Display. Zu dem kann ich aber nichts weiter beitragen da ich es nicht kenne.
Akku und Ladegerät
Der 570 Wh Akku ist deutlich schwerer als der 500 Wh Bosch Akku. Das Rahmenschloss und das Einfädeln in die Führung am Rahmen finde ich ziemlich fummelig. Man braucht am besten 2 Hände dafür. Blöd wenn man das am S-Pedelec jeden Tag machen muss und dann noch Handschuhe, Schlüssel usw in der Hand hat.
Das Schnellladegerät ist wahnsinnig groß und hat einen ziemlich lauten Lüfter. Damit ist es fürs Büro und die Tasche eigentlich ungeeignet. Das Reiseladegerät ist mit 99€ im Vergleich relativ teuer.
Außerdem ist ein Ersatzakku mit knapp 900€ ca 1/3 teurer als der 500 Wh Akku von Bosch.
Reichweite
Von nix kommt nix trifft es hier ganz gut. Bei voller Unterstützung reichte der 570 Wh Akku gerade so für meinen 25 km Arbeitsweg. Es wären dann vielleicht im Sommer noch 5 km drin gewesen. Da bleibt einem nur das Upgrade auf den lange Zeit nicht lieferbaren 850 Wh Akku, der satte 1250 € kostet!
Ständer
Der Hinterbauständer ist ziemlich labil ausgeführt. Außerdem musste ich dauernd die Schrauben nachziehen. Loctite half. Gerade bei einem so schweren Rad nicht zu unterschätzen.
Sonstiges
Irgendwie fuhr immer das Gefühl mit, dass eher Designer und nicht Ingenieure das Rad entwickelt haben. Die Innenverlegten Züge und Leitungen sind zwar schick aber in Verbindung mit der Federgabel nicht durchdacht. Ebenso wie der Spezialvorbau mit den zwei Klemmschrauben oder das für „Langbeiner“ viel zu kurze Sitzrohr.
Das Gesamtgewicht und die Hecklastigkeit ist ziemlich ausgeprägt. Es ist wirklich mühsam das Rad z.B. im Fahrradständer mal hinten hochzuheben und umzusetzen. Die Gewichtsverteilung macht sich auch beim freihändig fahren bemerkbar. Die fängt das Vorderrad ziemlich leicht an zu flattern.
Ich hatte zum Glück nie einen Platten. Das könnte hinten auf Tour echt doof werden, weil man ja den Motor abstöpseln und mit ausbauen muss. Außerdem werden zwei 17er Schlüssel/Nüsse benötigt. Die bekommt man nur schlecht in die Satteltsche.
Nun zu den Dingen, die mir am Diamant gefallen:

Diamant Zouma+ S
Rahmen und Verarbeitung
Das ist mir als erstes aufgefallen. Das ganze Rad ist wirklich toll verarbeitet. Optik ist ja immer Geschmackssache. Aber der Rahmen gefällt mir echt gut. Besonders die Akkuintegration, der nahtlose Übergang der Gabel ins Steuerrohr und die verschliffenen Schweißnähte. Auch so Kleinigkeiten wie den in die Bremshebelschelle integrierten Hupknopf und der Gummi Kettenstrebenschutz sind mir positiv aufgefallen.
Alles in allem sehr liebevoll gemacht.
Zudem ist das Rad noch 3,5 kg leichter als das Klever.
Akku und Ladegerät
Selbst das 4A Standard Ladegerät kommt ohne Lüfter aus und passt noch leidlich in den Rucksack. Ich werde mir für ca . 70€ aber noch das kleine 2A Reiseladegerät zulegen und im Büro deponieren.
Der Akku selbst macht einen wertigen Eindruck und ich relativ leicht. Er rastet auch sauber um Rahmen ein und sitzt dann absolut wackelfrei.
Reichweite
Ist nach einer „Referenzfahrt“ noch etwas verfrüht, aber ich denke der Bosch Antrieb ist deutlich sparsamer. Fairerweise muss man sagen, dass er auch nur 350W leistet und nicht 600 wie das Klever. Nach einer durchgehenden 25km Fahrt auf Stufe“SPORT“ waren 3 von 5 Balken weg. Könnte also zumindest im Sommer hin und zurück reichen. Ich werde das nochmal mit „TURBO“ testen.
Display
Das nicht abnehmbare Purion Display gefällt mir wirklich gut. Es wirkt wertig, hat eine einstellbare Beleuchtung und die Knöpfe fassen sich gut an. Da es zig tausendfach bewährt ist, sollte Feuchtigkeit auch kein Thema sein.
Allerdings wäre eine Anzeige der Fahrzeit noch ganz nett.
Cockpit und Bremsen
Die Hauseigenen Bontrager Anbauteile wie Griffe, Lenker, Vorbau usw machen einen hochwertigen Eindruck. Der Lenker passt von der Breite und der Kröpfung gut zu mir. Die Magura MT5 Bremsen sind so, wie man es bei einem Speed Pedelec erwarten sollte. Gut dosierbar und kraftvoll. Mit den 4-Kolben Sätteln machen sie auch optisch was her. Der mitgelieferte Spiegel ermöglicht tatsächlich einen Blick auf den nachfolgenden Verkehr. Ist leider nicht selbstverständlich.
Sonstiges
Für ein Speed Pedelec ist das Rad relativ leicht. Es ist nicht mühsam es auch hinten mal hochzuheben und umzusetzen.
Ein großer Vorteil der Mainstream Bosch Komponenten ist, dass fast jeder Fahrradhöker auf dem Dorf da Updates und Garantiegeschichten durchführen kann. Akkus und Ersatzteile sind auch vergleichsweise günstig.
Nun zu den Dingen die mir am Diamant nicht so gefallen:
Motorleistung und Unterstützung
Es ist tatsächlich ein großer Unterschied zum Direct Drive des Klever. Man muss mehr mitarbeiten um einen ordentlichen Schnitt zu fahren. Die Geräusche des Bosch Motors stören mich nicht. Als Maschinenbauer finde ich es eher gut, dass man auch hört wo die Kraft herkommt.
Was etwas nervt ist, dass die Unterstützung anscheinend auch Kadenzabhängig ist. So fährt man in jedem Gang gegen die berühmte „Bosch Wand“. Wenn das nur am Ende der Unterstützung wäre kein Problem. Wenn man angepasst fährt, kann man das aber gut kaschieren.
Schaltung
Das Schaltgefühl des Deore Triggers ist im Vergleich zu den anderen Kettenschaltungen die ich gerade so benutze (Sram X9, Shimano XT, Shimano 105) wirklich nicht so dolle. Das Schaltwerk ist wahrscheinlich OK und hat ja auch wenig mit dem Schaltgefühl zu tun. Mal sehen ob ich hier auch in einen SLX oder XT Hebel investiere.
Gepäckträger
15 kg Zuladung sollten für die Bürotasche eigentlich reichen. Trotzdem muss man hier mehr aufpassen, dass das nicht zu einseitig beladen wird. dafür siehts gut aus 😉
Sonstiges
Ansonsten gibt es nicht viel zu meckern. Den Akku habe ich noch etwas ausgerichtet. Er ist ja sozusagen teilintegriert und saß nicht ganz mittig in der Aussparung des Rahmens. Jetzt kommt er auch schön hochgeploppt wenn man mit dem Schlüssel entriegelt.
Die hintere Bremse schleift ein wenig. Ich habe festgestellt, dass einer der 4 Bremskolben nicht so richtig will und festhängt. Das ist ein bekanntes Problem der Magura MT5. Hab mal versucht den Kolben zu mobilisieren, war aber nicht erfolgreich. Ich habe das jetzt bei Fahrrad XXL reklamiert. Mal gucken was dabei herauskommt.

Bremskolben hängt fest
Ich gehe jetzt in die Langzeit Testphase und werde weiter berichten.
Pingback: Kilometer und Melder im Mai, Juni und Juli 2019 – Pedelecmonitor
Hallöchen, mir ist das Diamant auch schon zweimal in der Öffentlichkeit aufgefallen, fand deshalb Deinen Test mal interessant. Selbst als nicht-E-Biker.
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